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Ökologische Rolle von MGII-Mikroben in der Nordsee
Vor fast dreißig Jahren wurden die ersten planktonischen Archäen im Meer entdeckt und veränderten damit grundlegend unser Verständnis sowohl der Ökologie der Archäen als auch der marinen Mikrobiologie. Das mikrobielle Plankton wurde um die Archäen-Gemeinschaften erweitert, unter anderem um die sogenannte unkultivierte marine Gruppe II (MGII). Archäen waren bis dahin vor allem als Bewohner extremer Lebensräume bekannt. Umso erstaunlicher schien ihr Auftreten unter den vergleichsweise harmlosen Bedingungen der Küstenmeere. Aber nachfolgende Forschungen bestätigten: Archäen kommen überall in den Weltmeeren vor.
Aktuelle Untersuchungen liefern immer wieder neue Informationen über die MGII-Archäen, auch wenn sie weiterhin nicht im Labor kultiviert werden können. Forscher berichten beispielsweise, dass MGII nach Algenblüten besonders zahlreich auftreten und einer ausgeprägten saisonalen Dynamik unterliegen. Zudem warfen massive Sequenzierungsanstrengungen in jüngster Zeit ein Licht auf deren genetische Eigenschaften.
Eine Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen gibt nun einen tiefen Einblick in die ökologische Bedeutung der MGII-Archäen. „Wir kombinieren Metagenomik mit Methoden zur Visualisierung, um die Rolle von MGII in den Küstenmeeren besser zu verstehen. So konnten wir erkennen, wie die genomischen Eigenschaften und die Zellgröße der MGII deren unterschiedliche Verteilung übers Jahr erklären“, sagt Erstautor Luis Orellana.
Orellana und seine KollegInnen sammelten Wasserproben vor der Nordseeinsel Helgoland in der Deutschen Bucht. „Wir haben festgestellt, dass die Populationen dieser Archäen im Sommer und Winter unterschiedlich sind“, berichtet Orellana. „Sie beteiligen sich vermutlich am Abbau schwer abbaubarer organischer Substanzen nach der Frühlingsblüte der Algen. Daher sind diese Archäen wohl ein wichtiger Bestandteil der mikrobiellen Gemeinschaft für die Remineralisierung organischer Stoffe.“
Die vorliegende Untersuchung zeigt in bisher nicht dagewesener Genauigkeit die Vielfalt und Ökologie der marinen MGII in der küstennahen Nordsee. Durch die Verbindung (meta-)genomischer und mikroskopischer Techniken gelang es den Forschenden, eine ausgeprägte Nischentrennung der alljährlich wiederkehrenden Populationen zu erkennen. „Das sind spannende Einblicke in eines unser Hauptforschunginteressen, die Rolle der jährlichen Phytoplanktonblüte in der Nordsee und ihre Auswirkungen auf den marinen Kohlenstoffkreislauf“, sagt Orellana.
„Im Mikroskop fiel uns die relativ kleine, rundliche Form der MGII-Zellen auf. Das schützt sie vermutlich davor, von größeren Organismen gefressen zu werden“, so Orellana weiter. „Genomisch betrachtet verfügen sowohl die Sommer- als auch die Winterpopulation über genau die richtigen Stoffwechselfähigkeiten, um unter den jeweiligen ökologischen Bedingungen zu gedeihen.“ Dennoch sind noch viele Fragen offen, insbesondere solange MGII nicht kultiviert werden kann. „Wir haben nun einen wichtigen Einblick in einige der Geheimnisse der MGII-Archäen und ihre Rolle für den marinen Kohlenstoffkreislauf erhalten“, schließt Orellana. „Als nächstes wollen wir ihren Stoffwechsel und ihre ökologische Bedeutung in den Küstenmeeren genauer untersuchen.“
Originalveröffentlichung:
Luis H. Orellana, T. Ben Francis, Karen Krüger, Hanno Teeling, Marie-Caroline Müller, Bernhard M. Fuchs, Konstantinos T. Konstantinidis, Rudolf I. Amann: Niche differentiation among annually recurrent coastal Marine Group II Euryarchaeota. The ISME Journal.
Beteiligte Institute:
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Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland
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Georgia Institute of Technology, Atlanta, USA
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Dr. Luis Humberto Orellana Retamal
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