Mikroprofiler

Der Microprofiler im Einsatz. © ROV-Team/GEOMAR
Der Mikroprofiler am Meeresboden. © ROV-Team/GEOMAR

Was kann der Mikroprofiler?

Der Mikroprofiler ist für den Einsatz am Meeresboden gebaut. Dort misst das Gerät die Geochemie des Wassers und des Meeresbodens, zum Beispiel die Konzentration von Sauerstoff, Schwefel oder Kalzium. Es misst aber auch Parameter wie den pH-Wert und die Temperatur. Der Mikroprofiler erhebt die Daten über Mikrosensoren, die er vorsichtig in den Meeresboden sticht. Das Gerät arbeitet also nicht-invasiv und nimmt keine Wasser- oder Bodenproben.

Die Oberfläche des Meeresbodens prägen steile Hänge genauso wie weite Flächen. Felsige Landschaften gibt es ebenso wie endlose Sandwüsten. Außerdem verändert sich der Meeresboden im Laufe der Zeit und ist dadurch nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich sehr unterschiedlich. Um die Entwicklung von mikrobiellen Gemeinschaften, das Wechselspiel mit ihrer Umgebung sowie die verschiedenen Stoffflüsse am Meeresboden zu verstehen, ist es daher entscheidend, genaue Daten erheben zu können. Die Aktivität von Mikroben am Meeresboden ist sehr unterschiedlich. Sie hängt zum Beispiel davon ab, wieviele Mikroorganismen es überhaupt gibt, wie schnell sie sich vermehren, welchen pH-Wert und welche Temperatur das Wasser hat, welche Stoffe als Nahrung oder Energiequelle vorhanden sind, etc.

Um herauszufinden, wie die Mikroorganismen im Sediment leben und welchen äußeren Einflüssen sie folgen, muss ihr direkter Lebensraum charakterisiert werden. Dafür erstellt der Mikroprofiler ein möglichst genaues Profil des Meeresbodens – daher der Name des Geräts. Gemessen wird dafür zum Beispiel die geochemische Zusammensetzung der direkten Umgebung der Mikroben. Besonderes wichtig ist, wie sich diese chemische Zusammensetzung im Zeitverlauf ändert und wie viel Nahrung die Mikroben zur Verfügung haben, also zum Beispiel wie viel verfügbaren Sauerstoff, Stickstoff oder auch Schwefel es gibt. Mit diesen Daten kann dann die Aktivitäten der Mikroorganismen bestimmt werden.

Der Mikroprofiler misst diese Daten vor Ort und nimmt keine Proben. Besonders wichtig ist der Einsatz des Geräts deshalb in Umgebungen, die durch das Ziehen eines Bohrkerns stark verändert würden, wie etwa bei kalten Gasaustritten oder in der Tiefsee.      

Aufbau des Mikroprofilers

Aufbau Microprofiler © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
Sensoren am Mikroprofiler. © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie / HYDRA, Ch. Lott
Sensoren am Mikroprofiler. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie / HYDRA, Ch. Lott)

Der Mikroprofiler besteht aus einem Titangehäuse mit Sensoren und Datenerfassung, einem Motor, einer Tiefseebatterie und einem Rahmen. Die Sensoren sind am Boden des Geräts befestigt und sind zumeist Mikrosensoren, also kleine, nadelförmige und sehr empfindliche Elektroden, die geochemische Daten im Wasser oder im Meersboden erheben können. Die Spitzen der Mikrosensoren sind 5 bis 50 Mikrometer klein und können dadurch nicht-invasiv Messungen durchführen.

Es kann ein individuell zusammengestelltes Sortiment aus bis zu elf Mikrosensoren mit einer Fläche von 180 Quadratzentimetern am Gerät eingesetzt werden. Autonomes Messen kann mit einer räumlichen Auflösung von bis zu 50 Mikrometer und einer maximalen Tiefe in den Meeresboden von 20 Zentimetern durchgeführt werden. Zur Zeit sind Mikrosensoren für Sauerstoff (O2), Schwefelwasserstoff (H2S), pH-Wert, Redox-Reaktionen, Kalzium (Ca2+), den Kohlenstoffdioxidpatrialdruck (pCO2) und  Nitrat (NO3-) sowie Makrosensoren für Temperatur und Leitfähigkeit erhältlich für den Einsatz im Meer. Aus den Messergebnissen können zum Beispiel Sauerstoffverbrauchsraten in Tiefseesedimenten und Sulfidproduktion oder -verbrauch bei kalten Quellen berechnet werden.

Der Mikroprofiler kann an jedes beliebige Transportgerät angebaut werden, das ihn zum Einsatzgebiet bringt. Durch den Einsatz von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (ROVs) und Tauchbooten, die eine gezielte und präzise Positionierung an ausgewählten Stellen unter visueller Kontrolle umsetzen, ist es möglich, während eines Tauchgangs mehrere Messungen an verschiedenen Stellen durchzuführen. Der Mikroprofiler kann aber auch an frei fallende Lander montiert werden. Für umfangreiche Untersuchungen am Meeresboden kann das Gerät auch auf Unterwasser-Raupen montiert werden. Die neueste Entwicklung, der x-y-z-Profiler, ermöglicht intensive Untersuchungen des Meeresbodens auf einer Fläche von bis zu 625 Quadratzentimetern.

Der Mikroprofiler im Einsatz

Der Mikroprofiler wird zum Beispiel eingesetzt in dem JPIO Projekt MiningImpact2 „Umweltauswirkungen und Risiken des Tiefseebergbaus“ sowie im Projekt BENTHIMPACT „Auswirkungen von Manganknollen-Abbau auf benthische Megafauna- und Mikroorganismen-Gemeinschaften und ihre Funktionen“.

Im Rah­men die­ser For­schungs­pro­jek­te reis­en Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler unter anderem immer wieder in das so ge­nann­te DIS­COL-Ge­biet im tro­pi­schen Ost­pa­zi­fik, etwa 3000 Ki­lo­me­ter vor der Küs­te Pe­rus. Dort hat­ten im Jahr 1989 deut­sche For­schen­de in ei­nem Man­gank­nol­len­ge­biet in 4000 Me­tern Was­ser­tie­fe den Mee­res­bo­den auf ei­ner Flä­che mit gut drei­ein­halb Ki­lo­me­tern Durch­mes­ser mit ei­ner Egge um­ge­pflügt, um ei­nen Ab­bau zu si­mu­lie­ren. Auf ei­ner Aus­fahrt im Jahr 2015 (Expedition SO242) wur­de zum Bei­spiel un­ter­sucht, ob und wie sich die Häu­fig­keit, Diversität und Dichte von Mi­kro­or­ga­nis­men in dem Ge­biet nach­hal­tig ver­än­dert hat. Au­ßer­dem stand im Fo­kus, was die Stö­rung lang­fris­tig für den Koh­len­stoff­kreis­lauf und das Nah­rungs­netz die­ses Le­bens­raums be­deu­tet. Der Mi­kro­pro­fi­ler kam im Rah­men die­ser Un­ter­su­chun­gen zum Ein­satz und lie­fer­te wert­vol­le geochemische Da­ten. So konn­te zum Bei­spiel ge­zeigt wer­den, dass sich die bio­geo­che­mi­schen Be­din­gun­gen in dem DISCOL-Ge­biet auch immer noch nach 26 Jahren nach­hal­tig ver­än­dert hat­.

Eine weitere Ausfahrt in das DISCOL-Gebiet fand 2018 statt. Auch da war der Mikroprofiler wieder mit an Bord. Außerdem reiste das Gerät 2019 mit in die Clarion-Clipperton Zone im Ostpazifik, wo es auch 2021 wieder zum Einsatz kommen soll.

 

Ergebnisse der Expedition SO242 sind hier nachzulesen:

  • Vonnahme T.R., Molari M., Janssen F., Wenzhöfer F., Ha­eckel M., Tit­schack T., Boetius A. (2020) Ef­fects of a deep-sea mi­ning ex­pe­ri­ment on seaf­loor mi­cro­bi­al com­mu­nities and func­tions af­ter 26 ye­ars. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.aaz5922 
  • Da­niëlle S.W. de Jon­ge, Tan­ja Strat­mann, Li­dia Lins, Ann Van­reu­sel, Au­tun Purser, Yann Mar­con, Cla­ra F. Ro­d­ri­gues, As­cen­são Ra­va­ra, Pa­tri­cia Es­que­te, Ma­ri­na R. Cun­ha, Erik Si­mon-Lle­dó, Pe­ter van Breu­gel, An­d­rew K. Sweet­man, Kar­li­ne So­e­ta­ert, Dick van Oeve­len (2020): Abys­sal food-web mo­del in­di­ca­tes fau­nal car­bon flow re­co­very and im­pai­red mi­cro­bi­al loop 26 ye­ars af­ter a se­di­ment dis­tur­ban­ce ex­pe­ri­ment, Pro­gress in Ocea­no­gra­phy, Oc­to­ber 2020. DOI: 10.1016/j.pocean.2020.102446

 

Oder auch in Pressemitteilungen:

 

 

Respirationsmessungen direkt neben einer Pflugspur als Maß für die Aktivität der Mikroben im Meeresboden im DISCOL-Gebiet während der Expedition SO242. (Quelle: ROV-Team/GEOMAR)
Respirationsmessungen direkt neben einer Pflugspur als Maß für die Aktivität der Mikroben im Meeresboden im DISCOL-Gebiet während der Expedition SO242. Auch nach 26 Jahren nach der Störung durch eine Egge sind die Pflugspuren auf dem Mee­res­bo­den immer noch klar zu er­ken­nen.(Quelle: ROV-Team/GEOMAR)

Technische Details

Anzahl der Sensoren: 11 (können individuell angeordnet werden)

Abgedeckter Bereich: 176 Quadratzentimeter

Auflösung: Mindestschrittweite für Messungen liegt bei 50 Mikrometer

Dauer der Messung: maximal 34 Stunden mit einer kleinen Tiefsee-Batterie

Größtmögliche Einsatz-Tiefe: 6000 Meter

Nutzerinnen und Nutzer

Der Mikroprofiler wird hauptsächlich vom Mitgliedern der HGF MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie sowie von der Abteilung Symbiose genutzt.

Kontakt

Wissenschaftler

HGF MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie

Dr. Felix Janßen

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1338

Telefon: 

+49 421 2028-8610

Dr. Felix Janßen
Wissenschaftler

HGF MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie

Dr. Frank Wenzhöfer

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1337

Telefon: 

+49 421 2028-8620

Dr. Frank Wenzhöfer
 
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