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Wer über den Klimawandel redet, muss auch über Mikroben reden

18.06.2019

Nicht nur generell in der dynamischen Erdgeschichte sondern gerade auch beim menschengemachten Klimawandel spielen Mikroorganismen eine wichtige Rolle. Sie können seine Auswirkungen verstärken, aber auch verringern. Mehr als 30 führende MikrobiologInnen aus der ganzen Welt appellieren nun, die kleinsten Bewohner der Erde in wissenschaftlichen Studien und technologischen Maßnahmen zur Anpassung nicht zu vergessen. Auch Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, hat den Appell unterzeichnet.

Eisbären auf dem Meereis des Arktischen Ozeans. Mikrobiologen auf der ganzen Welt fordern, dass Mikroorganismen beim Umgang mit dem Klimawandel mehr beachtet werden müssen (Photo: Alfred-Wegener-Institut / Mario Hoppmann / CC-BY 4.0).
Eisbären auf dem Meereis des Arktischen Ozeans. MikrobiologInnen auf der ganzen Welt fordern, dass Mikroorganismen beim Umgang mit dem Klimawandel mehr beachtet werden müssen (© Alfred-Wegener-Institut / Mario Hoppmann / CC-BY 4.0).

Mikroorganismen sind unverzichtbar für die Existenz aller höheren Lebewesen einschließlich uns Menschen. Dennoch kommen sie in den aktuellen Debatten über den menschgemachten Klimawandel kaum vor. Um zu verstehen, wie der Klimawandel funktioniert und was er für uns bedeutet, müssen wir die Rolle der Mikroorganismen aber mitbetrachten, betonen die ForscherInnen. Das umschließt sowohl, wie Mikroben den Klimawandel beeinflussen, als auch, wie dieser die Mikroben beeinflusst.

Der Aufruf erscheint nun in der Zeitschrift Nature Reviews Microbiology unter der Federführung von Prof. Rick Cavicchioli von der Universität von New South Wales in Sydney, Australien. Aus Deutschland sind Prof. Antje Boetius vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen und dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven und Prof. Kenneth Timmis von der Technischen Universität Braunschweig beteiligt. 

"Mikroorganismen, darunter Bakterien und Viren sind wichtig für alle höheren Lebensformen und von entscheidender Bedeutung für die Regulierung des Klimawandels", so Cavicchioli. "Dennoch stehen sie selten im Mittelpunkt von Untersuchungen zum Klimawandel und werden von Entscheidungsträgern nicht berücksichtigt."

Antje Boetius hat als Meeresforscherin vor allem wissenschaftliche Befunde zur Rolle von marinen Mikroorganismen beigetragen. Sie betont in einem begleitenden Kommentar, der bereits im Mai in der Zeitschrift Nature Reviews Microbiology erschien. „Wir wissen, dass mikrobielle Prozesse die Erderwärmung verstärken können. Nun müssen wir dringend herausfinden, inwieweit Mikroorganismen auch Teil der Lösung unseres Problems sein können, beispielsweise im Bereich der Medizin, der nachhaltigen Energien oder der Sanierung zerstörter Lebensräume.“

Die ForscherInnen bezeichnen ihren Aufruf als eine Warnung an die Menschheit vom Blickpunkt der Mikrobiologie aus. Ein besseres Verständnis der Zusammenhänge hilft auch, Maßnahmen und Entscheidungen nachhaltiger und zielgenauer zu gestalten. Er beinhaltet zudem die Aufforderung, Mikrobiologie in den Lehrplänen stärker zu verankern.

Forschende sind eingeladen, sich dem Appell der MikrobiologInnen anzuschließen: Microbiologists warning humanity.

Der aktuellen Initiative vorausgegangen war ein Aufruf von Kenneth Timmis und zahlreicher weiterer ForscherInnen, den Mikrobiologieunterricht an Schule zu verbessern (Online Library). Im nächsten Schritt sollen Unterrichtsmaterialien für Lehrer entstehen, die dann auf der Website der Society for Applied Microbiology frei verfügbar sein werden.

Meereis in der Antarktis. Die braune Färbung entsteht durch sogenanntes Phytoplankton. Diese mikroskopisch kleinen Algen wachsen am Meereis und stehen an der Basis vieler Nahrungsnetze, die letztlich alle größeren Lebewesen versorgen. Schmilzt das Meereis, so beeinflusst das auch das Phytoplankton und in weiterer Folge Fische und Meeressäuger. (© Rick Cavicchioli)
Meereis in der Antarktis. Die braune Färbung entsteht durch sogenanntes Phytoplankton. Diese mikroskopisch kleinen Algen wachsen am Meereis und stehen an der Basis vieler Nahrungsnetze, die letztlich alle größeren Lebewesen versorgen. Schmilzt das Meereis, so beeinflusst das auch das Phytoplankton und in weiterer Folge Fische und Meeressäuger. (© Rick Cavicchioli)

Originalveröffentlichung

Ricardo Cavicchioli, William J. Ripple, Kenneth N. Timmis, Farooq Azam, Lars R. Bakken, Matthew Baylis, Michael J. Behrenfeld, Antje Boetius, Philip W. Boyd, Aimée T. Classen, Thomas W. Crowther, Roberto Danovaro, Christine M. Foreman, Jef Huisman, David A. Hutchins, Janet K. Jansson, David M. Karl, Britt Koskella, David B. Mark Welch, Jennifer B. H. Martiny, Mary Ann Moran, Victoria Orphan, Dave Reay, Justin V. Remais, Virginia Rich, Brajesh K. Singh, Lisa Y. Stein, Frank J. Stewart, Matthew B. Sullivan, Madeleine J. H. van Oppen, Scott C. Weaver, Eric A. Webb, and Nicole Webster: Consensus Statement: Scientists’ Warning to Humanity: microorganisms and climate change. Nature Reviews Microbiology. DOI: 10.1038/s41579-019-0222-5

Begleitender Kommentar von Antje Boetius:

Rückfragen bitte an:

Gruppenleiterin

HGF MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie

Prof. Dr. Antje Boetius

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1337

Telefon: 

+49 421 2028-8600

Prof. Dr. Antje Boetius

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
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