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Stickstoffabbau am Sandstrand: Winzige Strukturen mit globaler Wirkung

27.05.2025
Bis zu ein Drittel des weltweiten Stickstoffabbaus an sandigen Küsten könnte in winzigen sauerstofffreien Bereichen auf Sandkörnern stattfinden.

Manche Mikroben, die auf Sandkörnern leben, verbrauchen den gesamten Sauerstoff in ihrer Umgebung. Ihre Nachbarn, für die kein Sauerstoff mehr übrig ist, machen das Beste daraus: Sie nutzen Nitrat im umgebenden Wasser zur Denitrifizierung – ein Prozess, der in Gegenwart von Sauerstoff kaum möglich ist. Die Denitrifizierung in sandigen Sedimenten in sauerstoffreichen Gewässern kann erheblich zur Nitratreduktion im Meer beitragen.

Sandstrand
Durchlässiger Sand bedeckt mehr als die Hälfte des Meeresbodens des Kontinentalschelfs. Dort fungiert er als riesiger Filter und entfernt Mengen anthropogenen Stickstoffs, der über Flüsse und Grundwasser in den Ozean gelangt. © Fanni Aspetsberger

AUF DEN PUNKT GEBRACHT:

  • Winzige Lebensräume: Mikroorganismen auf Sandkörnern bilden sauerstofffreie Mikronischen.
  • Große Wirkung: Dadurch können ihre Nachbarn sogar in gut durchlüfteten Sanden anaerobe Denitrifizierung betreiben.
  • Weltweit wichtig: Insgesamt verringert das den weltweiten Stickstoffgehalt in gut durchlüfteten Sanden um bis zu einem Drittel.

Menschen haben, beispielsweise durch Landwirtschaft, den Stickstoffeintrag in die Küstenmeere dramatisch erhöht. Mikroorganismen entfernen große Teile dieses menschgemachten Stickstoffs durch einen Prozess namens Denitrifizierung. Dieser Prozess ist üblicherweise nur da möglich, wo es keinen Sauerstoff gibt. Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass sie auch in durchlüfteten Sanden abläuft, und zwar über einen bislang unbekannten Mechanismus. Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen zeigen jetzt, wie das funktioniert: Ungleichmäßig auf der Oberfläche der Sandkörner verteilte Gruppen von Mikroben verbrauchen den gesamten Sauerstoff in ihrer unmittelbaren Umgebung. Dadurch entstehen sauerstofffreie Mikronischen, in denen andere Mikroben die Denitrifizierung ausführen können. Die Ergebnisse veröffentlichen die Forschenden nun in der Fachzeitschrift Scientific Reports.

Winzige Struktur, riesige Wirkung

Die Forschenden nutzten eine Methode namens mikrofluidische Bildgebung, mit der sie die vielfältige und ungleichmäßige Verteilung von Mikroorganismen und die Sauerstoffdynamik auf extrem kleinen Maßstäben sichtbar machen konnten. „Zehntausende Mikroben leben auf jedem einzelnen Sandkorn. Wir konnten Sauerstoff verbrauchende und Sauerstoff produzierende Gruppen von Mikroben unterscheiden, die nur wenige Mikrometer voneinander entfernt waren“, erklärt Farooq Moin Jalaluddin vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. Die Forschenden zeigten dadurch, dass einige Mikroben mehr Sauerstoff verbrauchen, als durch das umgebende Porenwasser nachgeliefert wird. So entstehen anoxische Bereiche auf der Oberfläche der Sandkörner. Diese waren mit herkömmlichen Methoden bislang nicht zu erkennen. Ihre Auswirkungen sind jedoch dramatisch: „Unsere Modellsimulationen zeigen, dass die anaerobe Denitrifizierung in diesen anoxischen Bereichen bis zu einem Drittel der gesamten Denitrifizierung in sauerstoffhaltigen Sanden ausmachen kann“, sagt Jalaluddin.

Besiedlung von Sand
Besiedlung von Sand durch Mikroorganismen. Links: Sandkörner. Rechts: Dieselben Sandkörner unter dem Fluoreszenzmikroskop. Jeder grüne Punkt ist ein fluoreszenzgefärbter Mikroorganismus auf der Oberfläche des Sandkorns. © Farooq Moin Jalaluddin/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Weltweit bedeutsam für den Abbau anthropogenen Stickstoffs

Permeable Sande bedecken etwa die Hälfte der Küstengebiete unseres Planeten und sind damit in vielerlei Hinsicht ein sehr wertvoller Lebensraum. Die Max-Planck-Forschenden haben deswegen auch berechnet, wie wichtig diese neu entdeckte Form der Stickstoffentfernung in den winzigen sauerstofffreien Bereichen einzelner Sandkörner auf globaler Ebene ist. „Wir zeigen, dass diese anoxischen Mikronischen bis zu einem Drittel des gesamten Stickstoffverlusts ausmachen könnten“, sagt Mitautor Soeren Ahmerkamp, der mittlerweile am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde tätig ist. „Diese Denitrifizierung ist somit ein wichtiger Abbauweg für Stickstoff, der durch Menschen in die Ozeane gelangt.“

Originalveröffentlichung

Jalaluddin, F.M., Ahmerkamp, S., Marchant, H.K. et al. Microenvironments on individual sand grains enhance nitrogen loss in coastal sediments. Sci Rep 15, 16384 (2025).

https://doi.org/10.1038/s41598-025-00755-3

Beteiligte Institutionen

  • Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Celsiusstraße 1, 28359 Bremen, Deutschland
  • Aarhus University Centre for Water Technology, Aarhus University, Aarhus 8000, Dänemark
  • Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde, Seestraße 15, 18119 Rostock

Rückfragen bitte an:

Wissenschaftler

 

Forschungsgruppe Biogeochemie

Farooq Moin Jalaluddin

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

3133

Telefon: 

+49 421 2028-6441

Farooq Moin Jalaluddin

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

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+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
 
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