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31.05.2011 Oze­an-Ver­saue­rung und Ko­ral­len­rif­fe

Na­tür­li­che Koh­len­di­oxid­quel­len zei­gen die mög­li­chen Fol­gen an­stei­gen­der Treib­haus­gas­emis­sio­nen
 
Ozean-Versauerung und Korallenriffe

Na­tür­li­che Koh­len­di­oxid­quel­len in Pa­pua Neu­gui­nea ge­ben Wis­sen­schaft­lern die ein­ma­li­ge Ge­le­gen­heit zu se­hen, wie tro­pi­sche Ko­ral­len­rif­fe sich ver­än­dern wer­den, wenn dem vom Men­schen ver­ur­sach­te Koh­len­di­oxid­aus­stoß kei­ne Gren­zen ge­setzt wer­den. Bleibt al­les beim Al­ten schät­zen die Kli­ma­for­scher vom In­ter­go­vern­men­tal Pa­nel on Cli­ma­te Chan­ge (IPCC), dass bis zum Jahr 2100 die Koh­len­di­oxid-Kon­zen­tra­ti­on in der At­mo­sphä­re auf min­des­tens 750 ppm an­stei­gen wird. Die Ozea­ne wer­den etwa ein Drit­tel die­ses zu­sätz­li­chen CO<sub>2 </​sub>auf­neh­men, was dazu füh­ren wird, dass der pH-Wert von 8,1 auf 7,8 fal­len wird.

Dr. Ka­tha­ri­na Fa­bri­ci­us, Wis­sen­schaft­le­rin am Aus­tra­li­an In­sti­tu­te of Ma­ri­ne Sci­ence (AIMS) hat zwei Ex­pe­di­tio­nen mit For­schern aus sechs Län­dern, dar­un­ter Pa­pua Neu­gui­nea, USA und Deutsch­land, ge­lei­tet. Dar­un­ter war eine Grup­pe vom Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie. Die Bre­mer sind Ex­per­ten für Mi­kro­sen­so­ren, ei­nem wich­ti­gen For­schungs­in­stru­ment um Ko­ral­len zu un­ter­su­chen.

Das For­scher­team un­ter­such­te drei na­tür­li­che Koh­len­di­oxid­quel­len in der Mil­ne Bay Pro­vinz auf Pa­pua Neu­gui­nea. Die Quel­len wur­den vor ein paar Jah­ren von Dr. Fa­bri­ci­us per Zu­fall ent­deckt, als sie Bio­di­ver­si­täts­stu­di­en be­trieb. Die­se Quel­len sind des­halb so ein­zig­ar­tig und wert­voll für die For­schung, weil sie küh­le Quel­len sind und CO<sub>2 </​sub>in ei­nem tro­pi­schen Ko­ral­len­riff pro­du­zie­ren. Die neu­en Un­ter­su­chun­gen ge­ben Wis­sen­schaft­lern erst­mals die Ge­le­gen­heit, die Ef­fek­te von an­stei­gen­den Koh­len­di­oxid­emis­sio­nen auf ein Ko­ral­len­riff zu be­trach­ten. Ur­sa­che für die an den Quel­len auf­stei­gen­den Bla­sen von Koh­len­di­oxid ist vul­ka­ni­sche Ak­ti­vi­tät.


Die­se Wo­che er­scheint ein wis­sen­schaft­li­cher Ar­ti­kel über die ers­ten Er­geb­nis­se im in­ter­na­tio­nal an­ge­se­hen Jour­nal Nature Climate Change. Hier be­rich­ten zum ers­ten Mal For­scher über ein tro­pi­sches Ko­ral­len­riff-Öko­sys­tem, das sich an ge­stie­ge­ne Koh­len­di­oxid-Kon­zen­tra­tio­nen an­ge­passt hat. „Un­se­re Er­geb­nis­se be­le­gen, dass es ei­ni­ge Ge­win­ner, aber vie­le Ver­lie­rer ge­ben wird, wenn tro­pi­sche Ko­ral­len­rif­fe dem ge­stie­ge­nen Säu­re­ge­halt des Oze­ans aus­ge­setzt wer­den,“ sagt die Lei­te­rin Dr. Ka­tha­ri­na Fa­bri­ci­us.

„Frü­her konn­ten wir nur mit La­bor­ver­su­chen ar­bei­ten. Die­se wich­ti­gen Ex­pe­ri­men­te zeig­ten zwar den schäd­li­chen Ef­fekt der Oze­an­ver­saue­rung auf vie­le Ar­ten, aber die na­tür­li­chen Quel­len in Mil­ne Bay ge­ben ein viel deut­li­che­res Bild dar­über, was pas­siert, wenn ein ge­stie­ge­ner Koh­len­di­oxid­ge­halt für vie­le Jahr­zehn­te auf eine Ko­ral­len­riff ein­wirkt. Wir konn­ten um die Quel­le ei­nen pH-Gra­di­en­ten mes­sen. Je dich­ter wir uns der Quel­le nä­her­ten, des­to nied­ri­ger wur­de der pH.“
„Mit ab­stei­gen­dem pH ver­rin­gert sich die An­zahl und Ar­ten der Ko­ral­len und die Di­ver­si­tät fällt um 40%. Gro­ße mas­si­ve Stein­ko­ral­len (Porites sp.) do­mi­nie­ren das Riff nahe der Quel­le. Die Dich­te ver­zweig­ter und flech­ten­för­mi­ger Ko­ral­len und von Weich­ko­ral­len und Schwäm­men ver­rin­ger­te sich um Zwei­drit­tel. Die wich­tigs­te In­for­ma­ti­on für uns war, dass un­ter­halb von pH 7,7 das Riff nicht wei­ter wuchs,“ sagt Dr. Fa­bri­ci­us.
 
Unterwasseraufnahme Referenz-Korallenriff.
Quelle: Katharina Fabricius.
Korallenriff mit lokal stark erhöhter CO<sub>2</sub> Konzentration.
Quelle: Katharina Fabricius.
Korallenriff, das erhöhten CO<sub>2</sub> Konzentrationen ausgesetzt ist. Nur wenige habitatbildende Korallen überleben.
Quelle: Katharina Fabricius.
Korallenriff mit lokal stark erhöhter CO<sub>2</sub> Konzentration.
Quelle: Katharina Fabricius.
 
 
Mar­tin Glas, Co-Au­tor vom Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie er­gänzt: “Nicht nur die Ko­ral­len lit­ten un­ter dem ge­stie­ge­nen CO<sub>2</​sub>-Ge­halt, auch an­de­re Kalk­bild­ner wie Fo­ra­mi­ni­fe­ren und be­stimm­te Al­gen gin­gen deut­lich zu­rück. Das ist eine be­son­ders schlech­te Nach­richt, denn die­se Or­ga­nis­men tra­gen we­sent­lich zum Kal­zi­um­kar­bo­nat-Haus­halt des Rif­fes bei. Sie sind die Schlüs­sel­or­ga­nis­men für ein ge­sun­des Riff­sys­tem.“
Un­ter den we­ni­gen Ge­win­nern ist das See­gras, das sich drei bis vier Mal stär­ker aus­brei­ten konn­te.
Dr. Fa­bri­ci­us be­ton­te, die Ver­saue­rung der Ozea­ne führt zu ei­ner deut­li­chen Ver­än­de­rung im Öko­sys­tem Ko­ral­len­riff. Das sei das Er­geb­nis die­ser Stu­die.
„Der Nie­der­gang der kom­ple­xe­ren Ko­ral­len zu­guns­ten ein­fa­che­rer Ko­ral­len be­deu­tet we­ni­ger Le­bens­raum für die vie­len zehn­tau­sen­den Ar­ten, die die Viel­falt von heu­ti­gen Ko­ral­len­rif­fen aus­ma­chen.“
„In den Be­rei­chen mit ho­hem Koh­len­di­oxid­ge­halt gibt es 50-80% we­ni­ger jun­ge Ko­ral­len. Das Riff wird da­mit an­fäl­li­ger für Na­tur­er­eig­nis­se wie tro­pi­sche Wir­bel­stür­me.“
„Wir kön­nen zei­gen, dass die Ar­ten­viel­falt ei­nes Ko­ral­len­riffs mit an­stei­gen­dem Koh­len­di­oxid­ge­halt ab­nimmt. Ko­ral­len­rif­fe, die dem ho­hen Koh­len­di­oxid­ge­halt aus­ge­setzt sind, wie er für das Ende des Jahr­hun­derts pro­gnos­ti­ziert wird, sind ver­armt und ih­nen fehlt die Kom­ple­xi­tät von ge­sun­den Rif­fen. Die­se Ver­än­de­run­gen wer­den nur durch die Ver­saue­rung ver­ur­sacht, nicht durch den vor­her­ge­sag­ten Tem­pe­ra­tur­an­stieg von +2°C durch den Treib­haus­ef­fekt. Die +0,5 °C Er­wär­mung der Tro­pen in den letz­ten 50 Jah­re hat schon zu er­heb­li­chen Ko­ral­len­blei­chen und ab­neh­men­den Ko­ral­len­wachs­tum ge­führt.“
 
Dr. Fa­bri­ci­us sagt:„ Der An­stieg an at­mo­sphä­ri­schem Koh­len­di­oxid wird sich be­schleu­ni­gen we­gen der zi­vi­li­sa­to­ri­schen Ak­ti­vi­tä­ten. Die Band­brei­te an Koh­len­di­oxid­ge­hal­ten in der Mil­ne Bay Quel­le ist ver­gleich­bar mit den pro­gnos­ti­zier­ten Wer­ten für Ende des Jahr­hun­derts. Es wäre ka­ta­stro­phal, wenn der pH-Wert un­ter 7,8 sinkt.“ „ Un­se­re For­schungs­er­geb­nis­se be­wei­sen, dass wir schnells­ten die Emis­sio­nen von CO<sub>2 </​sub>ver­rin­gern müs­sen, sonst dro­hen dra­ma­ti­sche Ver­lus­te bei den Ko­ral­len­rif­fen.“ Für Dr. Fa­bri­ci­us ist es wich­tig, die­se Un­ter­su­chun­gen in Pa­pua Neu­gui­nea fort­zu­füh­ren. Wei­te­re Ex­pe­di­tio­nen sind ge­plant.

Rückfragen bitte an
Dr. Ka­tha­ri­na Fa­bri­ci­us, AIMS Prin­ci­pal Re­se­arch Sci­en­tist, +49 15259173182
k.fa­bri­ci­us@aims.gov.au (der­zeit in Bre­men, Deutsch­land)
 

Dr. Dirk de Beer
Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie
+49 421 2028 802 dbeer@mpi-bre­men.de

Mar­tin Glas
Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie
+49 421 2028 838 mglas@mpi-bre­men.de


Dr. Man­fred Schloes­ser
Pres­se­spre­cher
Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie
+49 421 2028 704 mschloes@mpi-bre­men.de


Vi­deo: ftp://​ftp.aims.gov.au/​pub/​Clar­ke/​Me­dia/
und www.youtube.com/​watch?v=15i­sE36esMM

Orginalartikel
www.na­tu­re.com/​ncli­ma­te/​jour­nal/​vaop/​ncur­rent/​full/​ncli­ma­te1122.html


Beteiligte Institutionen
Aus­tra­li­an In­sti­tu­te of Ma­ri­ne Sci­ence (AIMS) www.aims.gov.au/
Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie www.mpi-bre­men.de
Ro­sen­stiel School of Ma­ri­ne and At­mo­s­phe­ric Sci­ence, Uni­ver­si­ty of Mia­mi, Flo­ri­da, USA www.rs­mas.mia­mi.edu/
 
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