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Europäisches Küstenforschungsprojekt "COSA" im Endspurt

Das schlechte Wetter kann die Wissenschaftler des COSA-Projektes nicht bremsen. Ein Team von Meeresforschern aus Polen, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland, koordiniert von Dr. Markus Hüttel, Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen, untersucht seit zwei Jahren die Sandböden im Flachwasserbereich vor der deutschen und polnischen Küste. Das Ziel ist, die Bedeutung dieser Sande als Filtersysteme im Meer zu erfassen. Das von der europäischen Kommission geförderte Forschungsprojekt COSA ("Coastal Sands as biocatalytical filters") führt jetzt im Juli seine letzte Messkampagne im Sylter Wattenmeer durch.
 
Mit der weltweit ständig wachsenden Bevölkerungsdichte in den Küstenregionen wächst auch die Belastung der küstennahen Gewässer mit Trüb- und Nährstoffen. Daher ist es wichtig, die Funktionsweise des Sandfilters vor unseren Küsten zu verstehen, seine Bedeutung im Ökosystem Küstenmeer aufzuzeigen, und diesen Bereich zu schützen.
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass hunderte Liter Meerwasser von Wellen und Strömung täglich durch jeden Quadratmeter dieser hochdurchlässigen Meeresböden gepumpt werden. Die Trübstoffe des Wassers, feinste Partikel und Planktonorganismen, werden in den Sand getragen und dort ausgefiltert, klares Wasser verlässt das Sediment. Das ausgefilterte organische Material ist Nahrung für eine Vielzahl von bodenlebenden Organismen wie Schnecken, Krebsen und Würmern aber auch für Einzeller und Bakterien.
Der Weg durch die Nahrungskette des Meeresbodens wandelt den größten Teil des organischen Materials in anorganische Nährstoffe wie Ammonium und Phosphat um, die dann wieder in das Porenwasser des Sandes abgegeben werden. Die Durchspülung des Sandes bringt diese Nährstoffe wieder zurück an die Bodenoberfläche und in das Wasser und fördert dort das Wachstum von Plankton und Großalgen.
Die zur Zeit stattfindenden Forschungsarbeiten werden im Rückseitenwatt vor List auf Sylt durchgeführt, in der ständig überfluteten Zone nahe der Wattenmeerstation des Alfred-Wegener-Instituts (AWI). Für längere Zeiträume auf bzw. in den Meeresboden eingebrachte Messgeräte registrieren Wellen, Strömung, Wassertrübe, Sauerstoff und Salzgehalt, und regelmäßige Beprobungen des Sandbodens geben Aufschluss über die Durchlässigkeit des Bodens, seinen Gehalt an organischen Partikeln und Nährstoffen. Regelmäßig fährt das Forschungsschiff Mya der Wattenmeerstation in das Untersuchungsgebiet, um Wasserproben zu sammeln. In den Laboren des AWI wird die Photosynthese und die Mineralisierung in diesem Proben untersucht, sowie die Konzentrationen an gelösten und partikulären Bestandteilen gemessen.
"Wir sind erstaunt, wie aktiv diese Sedimente sind," sagt Dr. Justus van Beusekom, "wir hätten nicht gedacht, dass soviel organische Substanz umgesetzt wird und soviel Sauerstoff durch die Kieselalgen am Boden produziert wird."
Die Wissenschaftler von COSA sind daran interessiert, welche Bedeutung die Filtration des Sandbodens für den Umsatz organischer Substanzen im Küstenmeer und damit auch für die Wasserqualität in diesem intensiv genutzten Bereich unserer Meere hat. Obwohl die Sande aussehen als enthielten sie kaum etwas anderes als kleine Quarzkörnchen, sind sie doch hochaktiv. Die Mikroorganismen, die in den winzigen Vertiefungen der Sandkornoberflächen leben, verwandeln den Meeresboden in einen biologisch aktiven, sogenannten biokatalytischen Filter. Das heißt, der Filter fängt nicht nur die Partikel aus dem durchströmenden Wasser, sondern er baut sie effizient ab und reinigt damit das Wasser. Kiesfilter von Kläranlagen funktionieren nach dem gleichen Prinzip.
Natürlich gibt es viele Schwebstoffe, die durch den Sand gefiltert werden aber nicht abgebaut werden können, weil sie entweder unverwertbar oder mineralischer Natur sind. Diese feinen Partikel würden auf die Dauer den Küstensandfilter verstopfen, wenn nicht im Winter Stürme und heftige Wellen den Meeresboden aufwühlen und damit diese unverdaulichen Teilchen aus dem Sand waschen würden. Wenn die Nordsee an einem stürmischen Wintertag aussieht wie Trinkschokolade, dann sind es diese ausgewaschenen Teilchen, die diese Farbe hervorrufen. Mit den Tidenströmungen wird die Partikelfracht in den nördlichen Bereich der Nordsee und auch in den Atlantik verfrachtet, wo die Teilchen in ruhigerem Wasser dann auf den Meeresboden absinken um dicke Schlicklagen zu bilden.
Die Wissenschaftler von COSA sind an der Funktionsweise des Küstensandfilters interessiert, nicht nur weil dieser den Umsatz von organischem Material und die Wasserqualität beeinflusst, sondern auch weil es notwendig ist, die Belastbarkeit und Grenzen dieses Filtersystems zu verstehen. Wie der Sandfilter in einem Aquarium, kann sich auch der Küstensandfilter zusetzen und verstopfen, wenn die Teilchenfracht im Wasser dauerhaft zu hoch ist. Eine Verringerung der biokatalytischen Filtrationsleistung könnte zu einer Herabsetzung der Wasserqualität und damit zu negativen Effekten für Tiere und Pflanzen des Küstenmeeres führen.
Das COSA-Projekt wird noch bis zum Oktober 2005 laufen. Bis dahin werden die Wissenschaftler ihre Untersuchungsergebnisse auswerten, analysieren und veröffentlichen. Um die direkte Umsetzung der Untersuchungsergebnisse in umweltpolitische Reaktionen und Entscheidungen zu beschleunigen, arbeiten Vertreter des polnischen Naturparkamts der Halbinsel Hel und des Nationalparkamts Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in diesem Projekt mit. Damit wird sichergestellt, dass die für den Schutz, die Erhaltung und Verbesserung der Umwelt wichtigen Forschungsergebnisse direkt in umweltpolitische Maßnahmen umgesetzt werden können.





COSA Institutionen:
Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland (MPI),
Institut für Ozeanologie, Sopot, Polen (IOPAS),
Institut für ökologische Untersuchungen, Yerseke, Niederlande (NIOO),
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meersforschung,
Wattenmeerstation Sylt, List auf Sylt, Deutschland (AWI),
Labor für marine Biologie der Universität von Kopenhagen, Dänemark (MBL),
Nadmorski Park Krajobrazowy, Wladislawowo, Polen (NPK),
Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Tönning, Deutschland (NPO)






Rückfragen an


AWI Wattenmeerstation
Dr. Justus van Beusekom und Dr. Markus Hüttel (bis 30. Juli), 04651 956 -150,

email: [Bitte aktivieren Sie Javascript] und [Bitte aktivieren Sie Javascript],


Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, Bremen, Celsiusstr. 1, 28359 Bremen
(www.mpi-bremen.de)


EU-Referentin des MPI
Dr. Johanna Wesnigk,
mobile 0175-6068882,
ab 26.7. 0421-2028-730, Fax: 0421-2028790,
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Pressesprecher des MPI
Dr. Manfred Schlösser
0421-2028-704, [Bitte aktivieren Sie Javascript]

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