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Das Treibhausgas, das im Schwarzen Meer gefangen ist

03.11.2025
Den Distickstoffmonoxid-Umsatz im Schwarzen Meer besser verstehen

Mikroorganismen im Schwarzen Meer können große Mengen an Lachgas (N2O) produzieren, einem starken Treibhausgas. Das Gas erreicht aber nie die Atmosphäre. Es wird schnell von anderen Mikroorganismen verbraucht, die es in harmloses Stickstoffgas (N2) umwandeln. Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie haben nun untersucht, wie das funktioniert und wer daran beteiligt ist.

CTD
Ein CTD-Kranzwasserschöpfer an Bord der FS Poseidon. Mit diesem Gerät können Forschende Umweltbedingungen messen und Wasserproben aus den Tiefen des Ozeans entnehmen. © Jana Milucka / Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Lachgas (N2O) ist ein starkes Treibhausgas, das deutlich zur globalen Erwärmung beiträgt. Außerdem zerstört es die Ozonschicht und beeinflusst auch so das Klima. Die Ozeane sind eine wichtige natürliche Quelle für N2O. Dennoch wissen wir nur wenig über die Prozesse, die am Umsatz von N2O beteiligt sind. Eine Studie unter der Leitung von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Limnology and Oceanography, bringt uns hier nun einen großen Schritt vorwärts, indem sie das „Lachgas-Rätsel des Schwarzen Meeres” löst.

Wenig N2O entkommt dem Schwarzen Meer

Im Ozean entsteht viel Lachgas vor allem in sauerstoffarmen Gebieten – denn dort fühlen sich Mikroorganismen, die das Gas produzieren, besonders wohl. Das Schwarze Meer ist das größte anoxische Becken der Welt mit einem Reservoir an sauerstoffarmem Wasser, das sich von 150 Metern Wassertiefe bis auf über 2000 Meter erstreckt. Trotzdem scheint aus dem Schwarzen Meer nur wenig N2O zu entweichen.

„Dafür gibt es zwei mögliche Gründe“, erklärt Erstautor Jan von Arx. „Entweder wird nur wenig N2O produziert, oder das produzierte N2O wird entfernt, bevor es die Oberfläche erreicht. Wir wollten das aufklären, indem wir untersuchen, welche biologischen Prozesse Lachgas produzieren und verbrauchen und die Mikroorganismen identifizieren, die dafür verantwortlich sind.“

N2O schafft es nicht an die Oberfläche

Daher fuhren die Bremer Forschenden mit dem Forschungsschiff FS Poseidon ins westliche Schwarze Meer. Dort wollten sie Wasserproben nehmen, die ökologischen Bedingungen ermitteln und umfangreiche Experimente durchführen. Tatsächlich stellten sie fest, dass in der suboxischen Zone des Schwarzen Meeres – der Zone mit wenig Sauerstoff, welche die sauerstoffarme Zone vom sauerstoffreichen Oberflächenwasser trennt – ein aktiver Lachgasumsatz stattfindet. „Verschiedene Mikroorganismen produzierten durch unterschiedliche Prozesse große Mengen an Lachgas. Diese Produktion wurde aber noch übertroffen durch den Verbrauch von Lachgas – also die Umwandlung von N2O in N2 durch eine andere Art von Mikroorganismen“, erklärt von Arx. „Das wenige Lachgas, das aus dem Schwarzen Meer austritt, kommt also wahrscheinlich aus einer geringen, aber beständigen Produktion des Treibhausgases in sauerstoffreichen Wasserbereichen, wo es dem Verbrauch entkommen kann.“

Ein kaum erforschter biologischer Filter für ein gefährliches Gas

Die Mikroorganismen, die N2O abbauen, wirken wie ein effizienter Filter und verhindern, dass dieses starke Treibhausgas in die Atmosphäre gelangt. Den Forschenden des Max-Planck-Instituts gelang es auch, die wichtigsten an diesem Prozess beteiligten Mikroorganismen zu bestimmen.

Jan
Jan von Arx bei der Arbeit an Bord der FS Poseidon. „Unsere Expedition führte uns im November ans Schwarze Meer, und wir wurden gewarnt, dass das Wetter schrecklich sein würde und wir mit starken Winden und hohen Wellen rechnen müssten. Wir hatten jede Menge Medikamente gegen Seekrankheit dabei, aber letztendlich hatten wir wunderschönes sonniges Wetter, ruhiges Wasser und blauen Himmel. Unser einziges Problem war, dass wir nicht genug kurzärmelige T-Shirts eingepackt hatten“, berichtet er. © Jana Milucka / Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

„Global gesehen wissen wir leider nur sehr wenig über die Raten, mit denen N2O in den Weltmeeren abgebaut wird“, sagt von Arx. „Daher ist unser Bild, was mit diesem wichtigen Treibhausgas in der Umwelt passiert, nach wie vor unvollständig und wir müssen weiter forschen. Das ist besonders wichtig angesichts des Klimawandels.“ Aufgrund der globalen Erwärmung schwindet der Sauerstoff in den Ozeanen zusehends, und man geht davon aus, dass sich die sauerstoffarmen Bereiche in Zukunft noch vergrößern werden. Deshalb ist damit zu rechnen, dass zusehends mehr Lachgas freigesetzt wird.

Unsichere Zeiten für den Ozean im Wandel

„Lachgas ist das dritthäufigste Treibhausgas, bleibt nach seiner Freisetzung etwa 120 Jahre in der Atmosphäre und ist sehr ozonschädigend. Der Ozean ist eine wichtige natürliche Quelle von Lachgas. Daher sollten wir uns bemühen, das Verhalten seiner Quellen und Senken dort zu verstehen. Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beitragen kann, die Reaktion der Lachgas-Produktion im Meer auf den fortschreitenden Klimawandel zu beurteilen“, schließt von Arx.

AUF DEN PUNKT GEBRACHT:

  • Das N₂O-Rätsel:Mikroorganismen im Schwarzen Meer produzieren N₂O, aber andere wandeln es schnell in harmloses Gas um.
  • Natürlicher Filter:Mikroorganismen in sauerstoffarmen Zonen wirken als Barriere und verhindern, dass N₂O in die Atmosphäre gelangt.
  • Klimagefahr:Sinkende Sauerstoffmengen im Meer könnten die N₂O-Freisetzung erhöhen.

Originalveröffentlichung

Jan N. von Arx, Katharina Kitzinger, Hannah K. Marchant, Gaute Lavik, Joerdis Stuehrenberg, Jon S. Graf, Daan R. Speth, Marcel M. M. Kuypers, Jana Milucka (2025): Nitrous oxide turnover in the suboxic zone of the Black Sea. Limnology and Oceanography. First published: 15 August 2025

DOI: 10.1002/lno.70182

Beteiligte Institutionen

  • Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Celsiusstraße 1, 28359 Bremen, Deutschland
  • MARUM Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen, Leobener Straße 8, 28359 Bremen, Deutschland

Rückfragen bitte an:

Wissenschaftler

Forschungsgruppe Treibhausgase

Jan von Arx

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

3133

Telefon: 

+49 421 2028-6440

Jan von Arx

Gruppenleiterin

Forschungsgruppe Treibhausgase

Dr. Jana Milucka

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen
Deutschland

Raum: 

3128

Telefon: 

+49 421 2028-6340

Dr. Jana Milucka

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
 
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