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20.09.2012 Sym­bio­se zwi­schen ma­ri­nen Mi­kro­or­ga­nis­men

Un­ge­wöhn­li­che Sym­bio­se zwi­schen ma­ri­nen Mi­kro­or­ga­nis­men ent­deckt

Klei­ne ein­zel­li­ge Al­gen und stick­stoff­fi­xie­ren­de Bak­te­ri­en tau­schen Koh­len­stoff und Stick­stoff in sym­bio­ti­scher Be­zie­hung aus und hel­fen so, die Welt­mee­re zu dün­gen
 
Ungewöhnliche Symbiose zwischen marinen Mikroorganismen entdeckt

Klei­ne ein­zel­li­ge Al­gen und stick­stoff­fi­xie­ren­de Bak­te­ri­en tau­schen Koh­len­stoff und Stick­stoff in sym­bio­ti­scher Be­zie­hung aus und hel­fen so, die Welt­mee­re zu dün­gen.

Ein in­ter­na­tio­na­les Team von Wis­sen­schaft­lern aus den USA, Frank­reich und Deutsch­land hat eine un­ge­wöhn­li­che Sym­bio­se zwi­schen klei­nen ein­zel­li­gen Al­gen und hoch­spe­zia­li­sier­ten Bak­te­ri­en ent­deckt. Die­se Sym­bio­se zwi­schen den bei­den Or­ga­nis­men ist bis­her ein­zig­ar­tig und spielt eine wich­ti­ge Rol­le bei der Dün­gung der Welt­mee­re mit Stick­stoff­ver­bin­dun­gen.
Die ers­ten Hin­wei­se die­ser Sym­bio­se ka­men ans Licht, als For­scher eine merk­wür­di­ge Mi­kro­be ge­nau­er un­ter­such­ten, die Stick­stoff fi­xie­ren kann, je­doch nur ein stark ver­klei­ner­tes Ge­nom auf­wies. Ent­deckt hat sie John Zehr, Mee­res­for­scher aus San­ta Cruz, USA, schon 1998. In­zwi­schen schätzt man, dass die­ses Bak­te­ri­um mit zu den am wei­tes­ten ver­brei­te­ten Stick­stoff-Fi­xie­rern, den pho­to­syn­the­tisch ak­ti­ven Cya­no­bak­te­ri­en der Ozea­ne ge­hört. Al­ler­dings feh­len die­ser Spe­zi­es ne­ben den Ge­nen für die Pho­to­syn­the­se auch an­de­re es­sen­ti­el­le Gene für den Stoff­wech­sel. Es scheint so, dass die­se Funk­tio­nen von der Wirts­zel­le, ei­ner pho­to­syn­the­tisch ak­ti­ven Alge, über­nom­men wer­den.

„Das Cya­no­bak­te­ri­um sorgt für die le­bens­not­wen­di­gen Stick­stoff­ver­bin­dun­gen, die Wirts­zel­le für den es­sen­ti­el­len Koh­len­stoff “, er­läu­tert Anne Thomp­son, Post Doc im La­bor von John Zehr. Mit ih­rer Kol­le­gin Ra­chel Fos­ter vom Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut für ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie teilt sie sich die Er­st­au­tor­schaft die­ser Stu­die, zu der bei­de For­sche­rin­nen in glei­chem Maße bei­ge­tra­gen ha­ben.

Um das Rät­sel zu lö­sen, ka­men Tech­ni­ken wie Zell­sor­tie­rung und DNA-Se­quen­zie­rung zum Ein­satz. Die Wirts­zel­le ge­hört zur Klas­se der weit ver­brei­te­ten Prymne­sio­phy­ten, die in al­len Welt­mee­ren zu fin­den und die mit 1 bis 3 Mi­kro­me­tern sehr klein sind. Das noch klei­ne­re Cya­no­bak­te­ri­um sitzt hu­cke­pack in ei­ner Mul­de der Wirts­zel­le.
Bilder vom konfokalen Mikroskop: Der blaue Farbstoff zeigt die Gesamt-DNA an, der grüne Farbstoff stammt von einer spezifischen Anfärbung der UCYN-A-Symbiose. Der weiße Balken symbolisiert den 1-Mikrometer-Maßstab und der weiße Pfeil die UCYN-Zelle. Quelle: Dr. Niculina Musat (MPI) und Dr. Cristina Moraru (MPI) mit einem Zeiss LSM510 Confocal-Mikroskop).
Links: Daten von dem Zellsorter, mit dem das Rätsel um die Symbiose gelöst werden konnte. Die blauen Punkte stellen die Population der 1-3 Mikrometer großen Organismen dar, zu denen auch UCYN-A gehört. Rechts: Die nanoSIMS- Bilder zeigen die Aufnahme von Kohlenstoff und Stickstoff (grün) in den Zellen. (Größenmaßstab 3 Mikrometer).
(Quelle Rachel Foster)
Mit dem nanoSIMS 50L des Bremer Max-Planck-Instituts konnten die Kohlenstoff- und Stickstoffaufnahmen an einzelnen Zellen gemessen werden. (Bildquelle Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Manfred Schlösser).
Links: Seewasser wurde während der BIOSOPE Ausfahrt gesammelt. (Quelle: Daniel Vaulot of the Station Biologique, Roscoff, France). Rechts: An diesen Stellen im Pazifik wurden die Symbiosen gefunden.
„Die­se Sym­bio­se ist nicht nur we­gen der Stick­stoff­fi­xie­rung in­ter­es­sant. Wir se­hen sie als frü­hes evo­lu­tio­nä­res Mo­dell, wel­ches zur Ent­wick­lung der heu­ti­gen Chlo­ro­plas­ten führ­te, “ sagt Zehr. Chlo­ro­plas­ten sind in al­len Pflan­zen­zel­len die­je­ni­gen Zell­be­stand­tei­le, die die Pho­to­syn­the­se be­trei­ben. Man kann sich die Ent­wick­lung der Chlo­ro­plas­ten so vor­stel­len, dass in ei­ner frü­hen Pha­se der Evo­lu­ti­on sym­bio­ti­sche Cya­no­bak­te­ri­en durch En­do­sym­bio­se in die Wirts­zel­le in­te­griert wur­den. „Und hier se­hen wir Par­al­le­len zu un­ser neu ent­deck­ten Stick­stoff-Fi­xie­rer-Sym­bio­se“, sagt Thomp­son. „Es sieht so aus, dass das Cya­no­bak­te­ri­um in ei­ner klei­nen Mul­de auf der Wirts­zel­le sitzt. Und die Ver­bin­dung ist fest ge­nug, um den Zell­sor­ter zu über­ste­hen, doch lei­der nicht stark ge­nug für Fil­tra­ti­ons­tech­ni­ken.“



Die sym­bio­ti­sche Be­zie­hung nach­zu­wei­sen, war kein Kin­der­spiel. Das Haupt­pro­blem war an­fangs die Pro­ben­auf­be­rei­tung.. Die For­scher konn­ten nur ver­mu­ten, dass das Cya­no­bak­te­ri­um mit dem vor­läu­fi­gen Na­men UCYN-A in ei­ner Art Sym­bio­se le­ben muss­te.Denn im Ge­nom des Cya­no­bak­te­ri­ums fan­den sie, dass wich­ti­ge Schlüs­sel­ge­ne des Stoff­wech­sels fehl­ten. Der Durch­bruch kam, als die For­scher die frisch ge­won­ne­nen Was­ser­pro­ben an Bord des For­schungs­schif­fes di­rekt durch den Zell­sor­ter schick­ten. So blieb die Wirts­zel­le mit dem Cya­no­bak­te­ri­um ver­bun­den und ihre enge Ver­bin­dung konn­te erst­mals nach­ge­wie­sen wer­den.

Der nächs­te Schritt war, zu un­ter­su­chen, was ge­nau zwi­schen Wirts­zel­le und Cya­no­bak­te­ri­um an Aus­tausch von Koh­len­stoff und Stick­stoff­ver­bin­dun­gen pas­siert. Ein be­son­de­res Mas­sen­spek­tro­me­ter, ein na­no­SIMS, kam hier­für zum Ein­satz. Ra­chel Fos­ter vom Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut für ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie er­läu­tert das Ver­fah­ren: “Mit be­son­ders mar­kier­ten Sub­stra­ten konn­ten wir den in­ter­zel­luä­ren Aus­tausch nach­wei­sen. Dazu ga­ben wir in die­se mit 13C und 15N mar­kier­ten Sub­stan­zen di­rekt in die Meer­was­ser­pro­be. Die Zel­len nah­men die Ver­bin­dun­gen auf, an­schlie­ßend schick­ten wir das Ge­misch durch den Zell­sor­ter und sam­mel­ten die Frak­ti­on mit den 1 bis 3 Mi­kro­me­ter gro­ßen Zel­len.“

Um das ge­such­te Cya­no­bak­te­ri­um UCYN-A ne­ben der Viel­zahl an­de­rer pho­to­syn­the­tisch ak­ti­ver Bak­te­ri­en nach­zu­wei­sen, setz­ten die Bre­mer Max-Planck-For­scher eine be­son­de­re Gen-Son­de ein, die von Ni­cu­li­na Musat ent­wi­ckelt wur­de. Mar­cel Kuy­pers, Di­rek­tor am Max-Planck-In­sti­tut er­klärt:“ Die­se Gen-Son­de bin­det nur an die ge­such­ten Cya­no­bak­te­ri­en und trägt zu­sätz­lich ein Flu­or-Atom, das in dem na­no­SIMS-Ge­rät ein deut­li­ches Si­gnal hin­ter­lässt.“ Die na­no­SIMS-Er­geb­nis­se zeig­ten ein­deu­tig die As­so­zi­ie­rung von Wirts­zel­le und Cya­nao­bak­te­ri­um und die je­wei­li­gen Men­gen von Koh­len­stoff und Stick­stoff.

Thomp­son ist be­geis­tert: „Das ist schon ein groß­ar­ti­ges Mess­in­stru­ment. Mit dem kön­nen wir gleich­zei­tig die Phy­lo­ge­nie und den Stoff­wech­sel der Zel­len ver­fol­gen. Oder ver­ein­facht ge­sagt: wer macht was mit wem.“

Wie hoch der Bei­trag die­ser Zel­len an den glo­ba­len Koh­len­stoff- und Stick­stoff­zy­klen ist, lässt sich zur­zeit noch nicht sa­gen. Zu­min­dest sind die­se be­son­de­ren Zel­len sehr weit ver­brei­tet und die Cya­no­bak­te­ri­en tra­gen wahr­schein­lich we­sent­lich zur glo­ba­len Stick­stoff-Fi­xie­rung bei“, fasst John­Zehr die Er­geb­nis­se zu­sam­men.
„Un­ter­su­chun­gen zu plank­to­ni­sche Sym­bio­sen gibt es nur we­ni­ge, weil die­se schwie­rig zu un­ter­su­chen sind. Sie sind sehr zer­brech­lich. In un­se­rer Stu­die ge­lang es uns, die Struk­tu­ren zu be­wah­ren. So konn­ten wir zum ers­ten Mal eine wech­sel­sei­ti­ge Part­ner­schaft im Plank­ton nach­wei­sen“, sagt Ra­chel Fos­ter.

Neben Thompson, Zehr und Erstautorin Rachel Foster haben noch Andreas Krupke, Niculina Musat, und Marcel Kuypers vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, Brandon Carter von der UC Santa Cruz und Daniel Vaulot von der Pierre and Marie Curie University in Paris beigetragen. Diese Forschung wurde unterstützt durch die Gordon and Betty Moore Foundation und die Max-Planck-Gesellschaft.


Rückfragen bitte an

Dr. Ra­chel Fos­ter, +49 421 2028 655, rfos­ter@mpi-bre­men.de

Prof. Dr. Mar­cel Kuy­pers, +49 421 2028 602, mkuy­pers@mpi-bre­men.de

Oder an die Pres­se­ab­tei­lung des MPI

Dr. Man­fred Schloes­ser, +49 421 2028704, mschloes@mpi-bre­men.de
Dr. Rita Dun­ker, +49 421 2028856, rdun­ker@mpi-bre­men.de

Originalartikel
No­vel unicel­lu­lar cya­no­bac­te­ri­um is sym­bio­tic with a sin­gle-cel­led eu­ka­ryo­tic alga
Anne W. Thomp­son, Ra­chel A. Fos­ter, An­dre­as Krup­ke, Bran­don J. Car­ter, Ni­cu­li­na Musat, Da­ni­el Vau­lot, Mar­cel MM Kuy­pers, & Jo­na­than P. Zehr
Sci­ence 21 Sep­tem­ber, 2012, doi/​10.1126/​sci­ence.1222700
 
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