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Katharina Kitzinger is awarded the BRIESE-Award for Marine Science
„Mich hat schon immer fasziniert, dass Mikroorganismen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, einen so großen Einfluss auf unseren Planeten haben. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass ich im Rahmen meiner Forschungsarbeit dazu beitragen konnte, diese mikrobielle Welt etwas besser zu verstehen“, freut sich die BRIESE-Preisträgerin Katharina Kitzinger vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie. „Für eine ‚Landratte‘ aus der Alpenrepublik Österreich wie mich war es außerdem eine spannende Erfahrung, meine Laborarbeiten mit Freilandforschung direkt auf dem Meer zu verbinden. Deshalb freue ich mich besonders über die Auszeichnung mit dem BRIESE-Preis, der speziell die Arbeit auf See würdigt“, so Kitzinger.
Der Stickstoff-Kreislauf im Meer ist einer der wichtigsten globalen biogeochemischen Stoffkreisläufe, da das Element Stickstoff als Bestandteil von Proteinen und vielen anderen Naturstoffen für alle Lebewesen essenziell ist. In küstennahen Gewässern spielt dieser Kreislauf eine große Rolle beim Abbau überschüssiger Nährstoffe, die aus den Flüssen ins Meer gelangen und dort zu Überdüngung führen können. Trotz intensiver Erforschung gibt es beim Verständnis des Stickstoff-Recyclings immer noch erstaunlich viele offene Fragen. Gleich zwei davon, die Fachleute lange sogar als regelrechte Rätsel bezeichnet haben, hat die heute ausgezeichnete Katharina Kitzinger nun beantworten können.
Rätsel im marinen Stickstoff-Kreislauf gelöst
Konkret geht es in Kitzingers Forschung um die sogenannte Nitrifikation. Als wichtiger Teil des Stickstoff-Kreislaufs wird hierbei zuerst Ammoniak, das bei Zersetzung abgestorbener Biomasse entsteht, in Nitrit und dieses dann in Nitrat umgewandelt. Im Meer findet man nur sehr wenig Nitrit während der Großteil des verfügbaren Stickstoffs – fast 90 Prozent – als Nitrat vorliegt, dem Endprodukt der Nitrifikation. Dies ist insofern bemerkenswert, weil die Mikroorganismen, die den ersten Schritt ausführen – Ammoniak oxidierende Archaea – zu den häufigsten Organismen auf unserem Planeten zählen. Im Gegensatz dazu sind Nitrospinae, die wichtigsten Nitrit-oxidierenden Bakterien, die Nitrit zu Nitrat umsetzen, im Schnitt 10 Mal seltener als die Archaea. Warum gibt es im Meer also nicht viel mehr Nitrit, für dessen Erzeugung mikrobielle „Heerscharen“ bereitstehen, und so viel Nitrat, das von einer vergleichsweise sehr kleinen Truppe erzeugt wird? (Rätsel Nr.1) Und wieso können überhaupt so viele Ammoniak-Oxidierer existieren, wenn ihre „Nahrung“, das Ammonium, in den meisten ozeanischen Regionen kaum nachweisbar ist? (Rätsel Nr. 2)
Katharina Kitzinger ging diesen Fragen auf den Grund, indem sie die Hauptakteure – von der einzelnen Zelle bis hin zur gesamten mikrobiellen Lebensgemeinschaft – intensiv mit unterschiedlichsten Methoden und auf verschiedenen Prozess-Ebenen untersuchte. So erfasste sie nicht nur, wie sonst meist üblich, die Häufigkeit dieser Mikroorganismen, sondern auch ihre Aktivität, ihre Wachstumsraten und die Besonderheiten ihres Stoffwechsels. Ein wichtiger Schlüssel zur Lösung der beiden „Meeresrätsel“ war eine 10-tägige Forschungsfahrt an Bord des amerikanischen Forschungsschiffes „Pelican“ im Golf von Mexiko, wo sie nicht nur Proben der natürlichen Lebensgemeinschaften für spätere Analysen nahm, sondern auch direkt an Bord unter möglichst natürlichen Bedingungen Inkubationen mit stabilen Isotopen durchführte.
Als Erklärung für Rätsel Nr. 1 – die eklatant unterschiedlichen Häufigkeiten von Ammoniak- und Nitrit-Oxidierern – fand Kitzinger heraus, dass für die Nitrit-Oxidierer Nitrospinae offenbar das Motto „live fast, die young“ gilt: „Sie sind deutlich aktiver und wachsen fünfmal schneller als die Ammoniak-oxidierenden Archaea, weshalb ihre Umwandlung von Nitrit in Nitrat so effizient ist. Dass die Nitrospinae nicht, wie man erwarten würde, deswegen auch deutlich häufiger sind, liegt höchstwahrscheinlich an ihrer hohen Sterberate“, sagt die Mikrobiologin. Und fügt an: „Damit lässt sich erklären, warum beim marinen Nitrifikationsprozess Nitrit fast ebenso schnell in Nitrat umgewandelt wird, wie es entsteht – trotz der unausgeglichenen Häufigkeit der Hauptakteure. Die bislang in der Wissenschaft gängige Vermutung, dass für die ausgeglichene Geschwindigkeit der beiden Prozesse eigentlich noch andere, sehr häufige aber unbekannte Nitrit-Oxidierer ‚mitmischen‘ müssten, ist damit wahrscheinlich vom Tisch.“
Der BRIESE-Preis für Meeresforschung wird von der Reederei Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG (Leer/ Ostfriesland) gestiftet, die für die Bereederung der mittelgroßen deutschen Forschungsschiffe, wie z. B. die Elisabeth Mann Borgese und die Heincke, sowie der großen Forschungsschiffe Meteor und Sonne zuständig ist. Das IOW betreut die Preisvergabe wissenschaftlich. Seit 2010 werden jährlich herausragende Promotionen in der Meeresforschung prämiert, deren Ergebnisse in engem Zusammenhang mit dem Einsatz von Forschungsschiffen und der Verwendung und Entwicklung von Technik und / oder Datenerhebung auf See stehen. Schon zwei Mal haben Forschende des Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie den Preis erhalten:
Informationen zur BRIESE-Preisträgerin 2019:
Dr. Katharina Kitzinger (Jahrgang 1989) befasste sich bereits während ihres Bachelor- und des Master-Studiums an der Universität Wien (2009 – 2015) mit Fragen rings um die Physiologie von nitrifizierenden Mikroorganismen. Für ihre Promotionsarbeit (2015 – 2019) am Max-Planck-Institut (MPI) für Marine Mikrobiologie, die gemeinsam von den Geowissenschaften an der Universität Bremen und der Fakultät für Lebenswissenschaften an der Universität Wien getragen wurde, untersuchte Kitzinger dann Nitrifikation im Meer und arbeitete dafür hauptsächlich in Bremen. Im August 2019 schloss sie ihre Doktorarbeit ab.
Originaltitel: „In Situ Growth and Organic Nitrogen Utilization by the Main Nitrifiers in the Ocean“
Note: 1 mit Auszeichnung („summa cum laude“)
Betreuer: Prof. Dr. Marcel Kuypers (Direktor des MPI für Marine Mikrobiologie & Kooperationsprofessor für Biogeochemie, Universität Bremen), Prof. Dr. Michael Wagner (Direktor des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltwissenschaft, Universität Wien).
Seit September 2019 ist Katharina Kitzinger Post-Doc am MPI Bremen in der Abteilung Biogeochemie.
Jury: In kurzer Zeit Wegweisendes geleistet
Die Lösung des Rätsels Nr. 2 – die große Häufigkeit der Ammoniak-Oxidierer bei anscheinend geringem „Nahrungsangebot“ – liegt in überraschenden „Ernährungsgewohnheiten“ der Archaea, die viel flexibler sind, als bislang bekannt. Katharina Kitzinger konnte nachweisen, dass diese für ihr Wachstum nicht ausschließlich auf Ammoniak als Energie- und Stickstoff-Quelle angewiesen sind, sondern auch Harnstoff und Cyanat nutzen können. Das sind einfache organische Stickstoff-Verbindungen, die im Meer vergleichsweise häufig sind. Auch die Nitrospinae nutzen Harnstoff und Cyanat. „Allerdings spucken sie nach der Aufnahme vermutlich wieder Ammonium aus und stellen so die bevorzugte Energiequelle ihrer Freunde, der Archaea, zur Verfügung. So entsteht eine symbiotische Win-Win-Situation, die dazu beiträgt, dass die beiden, in ihren Strategien so unterschiedlichen Gruppen so erfolgreich nebeneinander existieren können“, berichtet Kitzinger.
Zusätzlich zu den geschilderten Hauptergebnissen ihrer Promotionsarbeit konnte Katharina Kitzinger erstmals ein Nitrit-oxidierendes Bakterium der Gattung Nitrotoga isolieren sowie seine Physiologie und sein Genom charakterisieren, und eine neue Methode zur Optimierung von Experimenten mit stabilen Isotopen entwickeln.
„Katharina Kitzinger hat die Jury begeistert, weil sie in sehr kurzer Zeit mit einer Reihe anspruchsvoller Techniken wirklich Wegweisendes zum Stickstoffkreislauf im Meer erarbeitet hat“, kommentiert BRIESE-Preis-Jury-Mitglied Prof. Dr. Matthias Labrenz die heutige Preisverleihung. „Nicht nur wir sind überzeugt, dass sie dabei wichtige Wissenslücken schließen konnte, sondern auch die Redaktionen bedeutender internationaler Fachjournale. Es gibt nicht viele junge Forschende, die schon während ihrer Doktorarbeit gleich zwei Publikationen in Journalen der hochrenommierten Nature-Gruppe unterbringen können“, so der IOW-Meeresmikrobiologe weiter. „Den großen Einfluss von Mikroorganismen hat Frau Dr. Kitzinger mit dieser Ausarbeitung eindrucksvoll belegen können. Als Laie ist man erstaunt, wie viele ungelöste Rätsel es auch in diesem Bereich noch gibt und wie es einer jungen Wissenschaftlerin mit großem Engagement gelungen ist, solche Rätsel zu lösen. Die Reederei BRIESE ist sehr erfreut, dass es der Jury zum 10. Mal gelungen ist, eine würdige Preisträgerin zu ermitteln“, so Klaus Küper, Leiter der Abteilung Forschungsschifffahrt der Reederei Briese.
Basierend auf einer gemeinsamen Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) und der Reederei Briese Schiffahrts GmbH & Co. KG