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19.05.2014 Wie kommt der Stickstoff in den Ozean?

Wie kommt der Stickstoff in den Ozean?
Stickstoff ist essentiell für die meisten Organismen, sowohl an Land als auch im Wasser.
 
19.05.2014

Stickstoff ist essentiell für die meisten Organismen, sowohl an Land als auch im Wasser. Allerdings liegt Stickstoff hauptsächlich als Gas vor, das für die meisten Organismen nicht zugänglich ist. Nur bestimmte Mikroorganismen sind in der Lage, gasförmigen Stickstoff zu fixieren und ihn so dem gesamten Ökosystem zuzuführen. Bisher war die gängige Meinung, dass diese Organismen vor allem an der Oberfläche der Ozeane vorkommen, da sie gleichzeitig Photosynthese betreiben und somit Licht benötigen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs 754 „Klima – Biogeochemische Wechselwirkungen im Tropischen Ozean“ der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen konnten jetzt herausfinden, dass es in tieferen Gewässern noch eine viel größere Bandbreite an Organismen gibt, die Stickstoff fixieren können. Ihre Entdeckung veröffentlichten sie in der aktuellen Ausgabe des angesehenen Fachjournals ISME Journal.
Eine der wichtigsten Aufgaben der modernen Meeresforschung ist eine bessere Vorhersage der Klimaveränderung auf unsere Ozeane. Der Stickstoffkreislauf spielt dabei eine besonders wichtige Rolle, denn Stickstoff ist ein limitierter Nährstoff für alles Leben im Meer. Bestimmte Mikroorganismen können Stickstoffgas aus der Atmosphäre aufnehmen und in Biomasse einbauen. Über die Nahrungskette und organische Verbindungen wird dieser Stickstoff dann in das Ökosystem eingeschleust. Doch bisher gab es beim Stickstoffbudget ein offensichtliches Problem. Direkte Messungen ließen darauf schließen, dass der Ozean viel mehr Stickstoff abgibt als dort gebunden wird. 2010 wies die Kieler Meeresbiologin Wiebke Mohr vom GEOMAR darauf hin, dass diese Ungleichheit zumindest teilweise auf die Methoden zurückzuführen ist, mit der die biologischen Stickstofffixierungsprozesse bisher gemessen werden. Bisherige Messmethoden unterschätzten die Mengen an Stickstoff, die im Meer gebunden werden, und deshalb schien die Stickstoffbilanz im Meer nicht ausgeglichen.

Die Messwerte aus der neuen Methode sind genauer. „Aber auch mit den besseren Möglichkeiten zur Messung der Stickstofffixierung konnte das Ungleichgewicht im Stickstoffbudget des Ozeans nicht vollständig erklärt werden“, erklärt Dr. Carolin Löscher, Erstautorin der jetzt veröffentlichten Forschungsarbeit, den Ausgangspunkt der gemeinsamen internationalen Studie. Darin gelang es einem Team der Kieler Universität, des GEOMARs, des MPIs für Marine Mikrobiologie in Bremen, der Dalhousie Universität in Kanada, der National University of Ireland, Galway in Irland, und der University of Southampton in Großbritannien zu zeigen, dass dies vor allem daran lag, dass nicht alle Organismen bekannt sind, die an diesen Prozessen beteiligt sind. „Außerdem wurde bisher ein zu kleines Habitat für die Stickstofffixierer angenommen. In unserer Studie präsentieren wir eine Kombination von genetischen Daten und Ratenmessungen aus der sogenannten Sauerstoffminimumzone (SMZ) vor Peru, die uns zu dieser Schlussfolgerung geführt haben“, so Löscher weiter. SMZ sind Meeresgebiete mit sehr geringer bis nicht messbarer Sauerstoffkonzentration, wobei die östliche tropische SMZ im Südpazifik eine der größten SMZ der Welt ist. Ziel der Studie war, die Stickstofffixierung in dieser SMZ zu quantifizieren und die Schlüsselorganismen zu identifizieren.

Eine Reihe von Expeditionen des Sonderforschungsbereichs 754 führte die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur SMZ im Südpazifik. Vom Forschungsschiff „Meteor“ aus nahmen sie wiederholt Proben, die sie in den Laboren des Instituts für Allgemeine Mikrobiologie der CAU, des MPI Bremen und des GEOMAR analysierten. Die Ergebnisse zeigten eine überraschende neue Vielfalt von stickstofffixierenden Organismen innerhalb der SMZ, die mit den klassischen Stickstofffixierern nicht viel gemeinsam haben. Direkte Messungen der Stickstofffixierung zeigten zudem Raten in der SMZ, die sonst nur in großen Cyanobakterienblüten vorkommen – die im Ozean eher selten sind.

„Diese Ergebnisse überraschten uns, da tiefere Gewässer bisher als unwichtig für die Stickstofffixierung galten. Die Studie trägt daher wesentlich dazu bei, die Lücke im Stickstoffbudget des Ozeanes zu schließen“, so Löscher. Die Ergebnisse sollen dazu genutzt werden, die Stickstofffixierung in allen SMZ und den Ozeanen besser vorhersagen zu können, da davon kritisch abhängt, wie produktiv der Ozean in der Zukunft sein wird und wieviel Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen werden kann.

Originalpublikation:
Löscher, C., Großkopf, T., Desai, F., Gill, D., Schunck, H., Croot, P., Schlosser, C., Neulinger, S., Pinnow, N., Lavik, G., Kuypers, M. M. M., LaRoche, J. and Schmitz-Streit, R. (2014) Facets of diazotrophy in the oxygen minimum zone waters off Peru. The ISME Journal, 1-13. DOI 10.1038/ismej.2014.71.
Dr. Carolin Löscher
Universität Kiel
Telefon: 0431 880-1648
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Prof. Dr. Marcel Kuypers
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
Telefon: 0421 2028 - 602
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Dr. Boris Pawlowski
(Presse, Kommunikation und Marketing der CAU)
Telefon : 0431 880-2104
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Die marinen Sauerstoffminimumzonen: Sauerstoffverteilung im Ozean in ca. 300 Meter Wassertiefe (O<sub>2</sub> [µmol kg-1] auf sigma = 26.4 kg m-3); Quelle SFB 754
Mit dem Kranzwasserschöpfer wurden die Proben aus verschiedenen Wassertiefen genommen. Foto: H. Schunck
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