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FS Polarstern am Nordpol – MPI-Forschende sind mit an Bord

08.09.2023
Forschungseisbrecher zum siebten Mal am nördlichsten Punkt der Erde

Fünf Wochen nach dem Ablegen im norwegischen Tromsø erreicht das Forschungsschiff Polarstern des Alfred-Wegener-Instituts den nördlichsten Punkt der Erde. Mit an Bord sind Forschende der HGF-MPG-Brückengruppe für die Tiefsee-Ökologie und -Technologie am Max -Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam untersuchen sie die Biologie, Chemie und Physik des Meereises sowie die Auswirkungen des Meereis-Rückgangs auf das gesamte Ozeansystem von der Oberfläche bis in die Tiefsee zu untersuchen. Bislang lieferte die Expedition einige überraschende Entdeckungen: So zeichnet sich 2023 durch ungewöhnliche Eisdrift aus, die die Lebensgemeinschaften unter dem Eis beeinflusst. Zudem hat das Team eine erstaunliche Artenvielfalt an einem bislang unkartierten Seeberg in 1500 Meter Wassertiefe unter dem Eis entdeckt.

MPI-Mitglieder der HGF-MPG-Brückengruppe für Tiefseeökologie und -Technologie an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern während der ArcWatch-1-Expedition in den zentralen Arktischen Ozean.  Von links nach rechts: Jakob Barz, Axel Nordhausen, Christina Bienhold, Felix Janssen, Matthias Wietz, Ruben Schulte-Hillen, Frank Wenzhöfer, Antje Boetius. (Foto: Frederic Tardeck)
MPI-Mitglieder der HGF-MPG-Brückengruppe für Tiefseeökologie und -Technologie an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern während der ArcWatch-1-Expedition in den zentralen Arktischen Ozean.
Von links nach rechts: Jakob Barz, Axel Nordhausen, Christina Bienhold, Felix Janssen, Matthias Wietz, Ruben Schulte-Hillen, Frank Wenzhöfer, Antje Boetius. (Foto: Frederic Tardeck)

Die Expedition ArcWatch-1 (PS138) mit dem Forschungsschiff Polarstern des Alfred-Wegener-Instituts wird geleitet von Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Gruppenleiterin der HGF-MPG-Brückengruppe für die Tiefsee-Ökologie und -Technologie am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (MPIMM) in Bremen.

Die mit dem Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie assoziierten Forschenden, darunter die Expeditionsleiterin Antje Boetius, Frank Wenzhöfer, Felix Janssen, Axel Nordhausen, Matthias Wietz und Christina Bienhold, konzentriert sich auf die Untersuchung räumlicher und zeitlicher Veränderungen in der Vielfalt und Funktion mikrobieller Gemeinschaften am arktischen Tiefseeboden in Regionen mit unterschiedlicher Meereisbedeckung. Das Team verwendet einen kameragesteuerten Mehrfachkernbohrer, um ungestörte Meeresbodenproben aus über vier Kilometern Wassertiefe zu gewinnen, sowie verankerte Landersysteme für die In-situ-Messung benthischer Sauerstoffflüsse, um die Effizienz der Kohlenstoffmineralisierung in arktischen Tiefseesedimenten zu untersuchen. Darüber nimmt das MPIMM-Team Proben vom Meereis und aus der Wassersäule, um die mikrobielle Vielfalt und die funktionelle Ökologie in diesen verschiedenen Teilen des Arktischen Ozeans zu erforschen.

Eines der vielen bisherigen Highlights der Expedition erlebten die Forschenden bei der Vermessung eines bislang unkartierten 2500 Meter hohen Seebergs. Seine Basis liegt in 4000 Metern Tiefe, seine Spitze reicht bis 1500 Meter Tiefe unter die Meeresoberfläche. „Am Gipfel des Seebergs wimmelt es nur so vor Leben“, sagt Antje Boetius. „Wir fanden hier riesige, fast einen halben Meter große Schwämme, die über und über besiedelt waren mit Würmern, Krebsen und Weichkorallen. Für uns sehr überraschend stießen wir aber auch auf unzählige Fische, Aalmuttern und Scheibenbäuche, die für ihre Antifrost-Proteine bekannt sind. Die wunderschönen apricot-farbenen, fast einen halben Meter großen Seeanemonen waren ein fantastischer Anblick.“

Christina Bienhold und Jakob Barz (MPI-AWI) warten, während der Multicorer an Bord gehievt wird. (Foto: Frederic Tardeck)
Christina Bienhold und Jakob Barz (MPI-AWI) warten, während der Multicorer an Bord gehievt wird. (Foto: Frederic Tardeck)

Ein Ziel der Expedition sind zudem Vergleiche zu früheren Untersuchungen aus dem Jahr 2012 wie auch zu Untersuchungen der MOSAiC-Expedition. Im Jahr 2012 war das Team – ebenfalls unter Leitung der AWI-Direktorin und MPIMM-Gruppenleiterin Antje Boetius – mit Polarstern während der größten Meereisschmelze seit Beginn der Satelliten-Aufzeichnungen unterwegs. Über eine riesige Fläche fielen damals Meereislebewesen ins Wasser und sanken in die Tiefsee – besonders die fadenbildende endemische Meereisdiatomee Melosira arctica. Bei der Zersetzung der Algenteppiche durch Meeresbodenbakterien entstanden Sauerstoffminima im Meeresboden der Arktis. Das Team konnte nun elf Jahre später feststellen, dass das wiederholte Ausschmelzen der Meereisalgen in den vergangenen Jahren die Zusammensetzung der Meeresbodengemeinschaft verändert hat: ehemals dominante Arten wie Haarsterne sind verschwunden, dafür gibt es deutlich mehr Ringel- und Borstenwürmer sowie Seegurken. Allerdings fehlt dieses Jahr die Meereisalge Melosira arctica in großen Bereichen des Untersuchungsgebietes – sowohl im Eis wie am Meeresboden.

Am 7. September erreichte das AWI-Forschungsschiff planmäßig den Nordpol. Es ist das insgesamt siebte Mal, dass der Forschungseisbrecher Polarstern in seiner 42-jährigen Geschichte den nördlichsten Punkt der Erde erreicht. Gerade begannen die mehrtägigen Arbeiten der laufenden Expedition ArcWarch mit einem Tauchgang zum geographischen Pol bei 90°N in 4224 m Wassertiefe. Derzeit bauen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Observatorien auf der Eisscholle, im Ozean und am Meeresboden auf. Anschließend werden sie ihre Forschungsarbeiten entlang des 60. Breitengrads fortsetzen. Die Polarstern wird am 1. Oktober 2023 wieder in Bremerhaven zurückerwartet.

Dabei ist auch ein Kamerateam der UFA Documentary GmbH, das die Expedition filmisch begleitet. Geplant ist die Ausstrahlung der in Kooperation mit dem NDR entstehenden Fernseh-Dokumentation für den Jahreswechsel in der ARD. Bereits während der Expedition können Interessierte im Hörfunkprogramm von Radio Bremen Eindrücke von Bord gewinnen und die Expedition natürlich auch in der Polarstern-Web-App und auf den Social-Media-Kanälen des Alfred-Wegener-Instituts verfolgen.

Diese Pressemeldung basiert auf einer Meldung des Alfred-Wegener-Instituts.

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in den Polarregionen und Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Als eines von 18 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft koordiniert es Deutschlands Polarforschung und stellt Schiffe wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen für die internationale Wissenschaft zur Verfügung.

Institute und Unternehmen an Bord:

Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Dartmouth College
Deutscher Wetterdienst
DRF Luftrettung gAG
Fielax - Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaftern der Universität Bremen
Northern HeliCopter GmbH
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tim Kalvelage (Freier Wissenschaftsjournalist)
UFA Documentary GmbH
Universität Bremen
University of Colorado, Boulder
University of Exeter
University of Southern Denmark
University of Tasmania (UTAS)
University of Tokyo

Pressestelle des MPIMM

Pressereferentin

Pressestelle

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
 

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